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Der gelbe Feiertagsmarathon

11/4/2016

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Immer wieder denke ich, jetzt kommt nichts Neues mehr. Ich kenne alles in Oslo und habe sehr wahrscheinlich auch bald nichts mehr, worüber ich hier auf dem Blog berichten kann.  

Und dann schleichen doch so ganz alltägliche Dinge um die Ecke und erstaunen mich zutiefst. Wie zum Beispiel vor wenigen Wochen der Beginn von Ostern. Grundsätzlich ist Ostern hier in Oslo bzw. Norwegen allgemein Feiertagstechnisch länger als in Deutschland.  

Frei hat man ab Mittwoch Mittag bis einschließlich Montag. Dass man bereits Donnerstag frei hat, wusste ich und habe erwartungsvoll Mitte Januar bei -16 Grad einen Flug nach Lissabon gebucht. Die Überraschung, dass auch Mittwoch der halbe Tag frei ist, kam dann relativ spontan wenige Tage vorher. Mit solch kurzfristigen Änderungen kann ich sehr gut umgehen und so stolzierte ich am Mittwoch um 11.30 bei strahlendem Sonnenschein nach Hause.  

Etwas fremder war für mich aber der generelle Umgang mit Ostern und den Feiertagen in Norwegen. Prinzipiell hat Ostern anscheinend noch einen höheren Stellenwert als in Deutschland – das hat aber nicht unbedingt religiöse Gründe. Nein, der Norweger nutzt die Ostertage für die letzte Skitour. Alle pilgern über die Feiertage zu ihren Hütten und schnallen das letzte Mal in diesem Winter die Langlaufski unter die Füße.  

Das kann mir ganz sicher nicht passieren. Ich habe keine Lust mehr auf Schnee. Basta! Stattdessen saß ich zappelig am Osloer Flughafen und wartete auf meinen Flieger gen Süden. Frühling in Lissabon, quasi Sommer in Oslo, wartete auf mich.  
Vielen Norwegern reichen diese 5,5 Tage Osterurlaub aber nicht. So wünschten mir viele meiner Ansprechpartner bereits am Freitag vor der Gründonnerstagwoche frohe Ostern. In mir kam dabei ein tiefgründiger Gedanke auf: «Häh?” Oder wie der Norweger sagt “Ha?”. Warum wünscht du mir fünf Tage vor Gründonnerstag bereits schon frohe Ostern? Wir sehen und hören uns definitiv noch. 

Dachte ich – fälschlicher Weise. Nach und nach wurde über das WE vor Ostern Oslo leerer und leerer. Projekte fertig zu stellen wurde immer schwieriger, da man einfach kaum jemanden erreichte. Zum Gruseln war dann der Mittwoch Vormittag. Von vielen bereits als Homeoffice bzw. Hüttenoffice genutzt, saß ich relativ allein mit ein paar wenigen Kollegen im Büro. Wie in der Schule auf die Pausenklingel wartete man sehnsüchtig, dass endlich Mittag wurde.  

Ich muss zugeben, hier haben die Norweger – auch wenn es geographisch und wettertechnisch sehr unterschiedlich ist – sehr viel mit den Südeuropäern gemein und dieses kollektive gechillt-sein bewundere ich schon ein wenig. Wenn einfach alle nicht erreichbar sind, funktioniert das System ja auch schlichtweg besser.  

Was ich außerdem recht amüsant fand, dass – abgesehen von Schauergeschichten über Waschmaschinenschlepper Pablo und Co. – mein Norwegischbuch doch in vielen Dingen Recht hatte. Ostern war auch ein Kapitel im Buch und es erzählte über die wichtige Bedeutung der Farbe Geld in dieser Zeit und dass Marzipan die Hauptspeise zu Ostern ist. Ich erinnere mich noch zu gut, dass ich das damals für total überzogen und überholt hielt. Aber die Norweger halten stark an Traditionen fest und so erstrahlte es kurz vor Ostern in allen Läden in einem leuchtenden Gelb. Servietten, Kerzen und andere Deko-Artikel wurden in der grellen Sonnenfarbe feilgeboten. Ich muss zugeben: Nach drei Monaten überwiegend Schnee und recht viel Dunkelheit, ist dies eine schöne Tradition.  
 

Im Büro wurde ich dann auch Zeuge, dass Marzipan wirklich einen sehr hohen Stellenwert hat. Wir wurden kurz vor den Ostertagen (aus norwegischer Sicht – aus deutscher Sicht waren es mehrere Wochen vor Ostern) mit Süßigkeiten bombardiert. Jeder Schokokorb, durch den sich meine Fingerchen wühlten, war zu einem Großteil mit Marzipanhaltigen Süßigkeiten bestückt. 

Da muss ich dem Norwegischbuch nachträglich doch Respekt zukommen lassen. Sie hatten doch Recht. Aber da Familie Pearson in York von der Orange Line mit Sicherheit nicht jeden Tag englisches Frühstück isst, konnte ich dem Braten damals nicht ganz trauen.  
  
Neben Marzipan ist aber auch der Verbrauch von Kvikk Lunsj sehr hoch. Kvikk Lunsj? Was ist das? Es handelt sich hierbei um die norwegische Variante von Kitkat, was ein Norweger aber nie sagen würde. Das kommt nur aus dem Mund böser ausländischer Zungen, die mit dieser Delikatesse nicht aufgewachsen sind.  

Kvikk Lunsj wird gerne mit auf Skitouren genommen und hat angeblich seinen größten Absatz um Ostern herum, wenn alle noch mal fleißig die Bretter unter den Füßen nutzen. Viele verbinden mit dem Kitkat Kindheitserinnerungen und gerne hört man auch wie Leute den Verzehr nach einer Skitour als «koselig» bezeichnen. Koselig ist ein Wort, was neben hyggelig (nett, angenehm) und flink (tüchtig) ein wenig überstrapaziert wird. Angeblich ist koselig nicht wirklich übersetzbar. Es ist eher ein Gefühl. Am nächsten kommt dem wohl «gemütlich». 

 Kvikk Lunsj ONMYNORWAY
Als mir gegenüber das erste Mal der Vergleich zwischen Kvikk Lunsj und koselig gemacht wurde, war ich doch sehr irritiert. Heiße Waffeln und Kakao auf der Hütte… okay… das ist für mich gemütlich. Aber eine Kitkat Variante aus der Jackentasche ziehen? Sagen Amis das wohl auch? «Oh, and then afterwards a Snickers. That’s so cosy.» 

Anyway… Falls ihr euch über die Schreibweise von Kvikk Lunsj wundert. Das machen die Norweger sehr gerne. Ich bin hin und her gerissen zwischen Bewunderung aber auch Belustigung, was man so mit anderen Sprachen und besonders der französischen machen kann.  
Eiskalt werden die Worte ins Norwegische überführt, während wir verzweifelt in Deutschland versuchen das Wort Portemonnaie richtig zu schreibe und uns am Ende für Geldbeutel entscheiden.  Neben sjåfør (Chauffeur, Fahrer) sind Sateng und Betong meine Lieblingsworte. Das G am Ende wird auch knallhart übertont und gibt mir eine leichte Gänsehaut.  

Auch gibt es eine Menge norwegische Ausdrucksweisen für englische Worte, die von der Schreibweise her aber nicht verändert werden – ausgesprochen aber dann noch sehr anders klingen. Das Wort “Hamburger” hat mich fast um den Verstand gebracht. Drei Mal musste meine Kollege das Wort wiederholen. Und selbst dann hatte ich immer noch nicht verstanden, was er von mir wollte. Aber glücklicher Weise half eine Kollegin aus und warf schnell ein englisch ausgesprochenen Hamburger in den Raum. Dass ich keine Hamburger mag, machte die Sache nicht besser. 

Und erneut zeitgleich in Deutschland bestellt jemand Bruschetta mit einem “sch” laut und wird vom deutschen Sitznachbar altklug verbessert: “Das wird BrusKetta ausgesprochen…”  
Wie gesagt: Kollektives gechillt-sein können wir uns gerne hier und da mal abgucken! 
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    "Es ist nicht unbedingt schlecht, wenn dein Leben auf dem Kopf steht. Das ist wie bei Shampoo Flaschen: Manchmal kommt dann einfach mehr heraus!" Dies habe ich wörtlich genommen und mein bisheriges Leben einfach einmal umgedreht.
    Gemeinsam mit meinem Freund geht es von Hamburg noch weiter in den Norden und zwar nach Oslo. Wie es uns hierbei ergeht, werde ich auf diesen Seiten erzählen.

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