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Wie läuft der Hase in Norwegen?

2/8/2018

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Here we go again :-) Die Abstände zwischen den Beiträgen werden größer. Ich weiß, ich weiß. Die letzten Wochen und Monate waren aber auch ereignisreich, gepaart mit viel Müdigkeit und die Couch und das Schweinehündchen siegten doch häufiger.

Man muss aber auch sagen, dass die letzten Monate teilweise auch sehr hart waren - insbesondere die Monate von Januar bis April.  Hatten wir uns doch bei 25 Grad und Sonne im Jahr zuvor entschieden, noch länger zu bleiben, lachte Norwegen mir am Anfang des neuen Jahres mit einer grässlichen Fratze entgegen.

Konstant Schnee und eisige Kälte von Januar bis April. Der härteste Winter seit 20 Jahren in Oslo und ich mitten drin. Spikes wurden zu einer Grundausstattung, denn die Gehwege werden hier nur oberflächlich vom Schnee befreit. Das Resultat: Die halbe Stadt wird zu einer reinsten Eisbahn – für Wochen und Monate. 

Highlight Momente waren aber meist bei Neuschnee. Wenn ich mit Kinderwargen durch die Frau Holle-Produktion schieben durfte – bergauf versteht sich. Das ist anstrengender als jedes HIIT Workout in der Muckibude. Mein Mantra in diesen Momenten war: „Warum? Warum habe ich zugesagt, noch länger zu bleiben?“ (Ich weiß, positives Denken gelingt mir immer!)

Die Straßen wiederum werden von Schnee und Eis befreit (Autos sind ja auch viel wichtiger als Passanten), weswegen man auch gerne mal eine fluchende Deutsche mit Kinderwagen zwischen Elektroautos und Volvos stiefeln sah.

An manchen Tagen sank die Temperaturen tagsüber auf unter -15 Grad und dann durften auch endlich die kleinen Knirpse in der Kita drinnen schlafen. Ansonsten hieß es jeden Mittag in tausend lagen Wolle, ab nach draußen in den Kinderwagen zum Bubu machen.  

Die Kirsche auf dem Ganzen war dann die Begleiterscheinung des Kita-Startes. Ich bin mir sicher, dass man jegliches Gesundheits-Lexikon durchgehen könnte und jede erwähnte Krankheit wäre in meinem Körper zu Gast gewesen von Januar bis April diesen Jahres.

Ihr seht, es war einfach Bombe. Positiv an dem ganzen war bzw. ist die Einstellung der Norweger. In den ersten Wochen war ich mehr zu Hause als im Büro. 12 Tage pro Jahr bekommt jeder Elternteil für das zu Hause bleiben mit einem kranken Kind, alternativ ist Home-Office natürlich auch möglich. 

Der kleine König hatte einen recht strengen Rhythmus. Eine Woche Kita, eine Woche krank, was von meinem Arbeitgeber aber ohne Probleme akzeptiert wurde. Anstelle von süffisanten Kommentaren hörte ich meist nur: „So ist das eben im ersten Jahr in der Kita. God bedring“. Nur die 50% Rabatt in der Kita gab es nicht, auch wenn wir nur Teilzeit dort waren.

Eingestiegen war ich nach der Elternzeit wieder mit 70%. Es stellte sich aber recht schnell raus, dass das teilweise schwer zu handlen ist, wenn ein Partner beruflich viel reisen muss. (Kleiner Tipp: Der reisende Partner bin ich... NICHT.) Gefühlt war ich nur am Rotieren zwischen Job und Kita bzw. Eislaufen, wenn man den Zustand der Fußwege mit einbezieht.
 
70% arbeiten ist in Norwegen nicht unbedingt üblich. Die meisten Paare, die ich kenne, arbeiten beide Vollzeit oder höchstens einer reduziert auf 80%. Abholen und Hinbringen machen beide Elternteile. Anders ist Vollzeit arbeiten aber auch nicht möglich. Einer macht die Morgenschicht, der andere die am Nachmittag. Das Konzept ging bei uns dank Geschäftsreisen nicht auf. Beide Schichten und eine Kita, die um 16 Uhr schließt, waren schwer vereinbar mit einer gewissen Stundenanzahl im Büro. Nicht zu erwähnen, dass wir keine Familie als Unterstützung in der Nähe haben.

Deswegen entschied ich mich im April auf eine halbe Stelle zu reduzieren. Eine sehr gute Wahl. Aber ihr könnt euch denken: 70% waren bereits eher unüblich, 50% sind also noch seltener. Wobei halt – ich betone immer wieder gerne: 53,3% ist der exakte Prozentsatz bei 20 Stunden.  Aber zurück zum Thema. In Norwegen erfolgen reduzierte Arbeitszeiten meist im Zusammenhang mit Krankschreibungen vom Arzt. So wurde ich auch von vielen mit Mitleid in den Augen gefragt, ob bei mir alles okay sei und ob ich aus gesundheitlichen Gründen meine Stunden reduziert hätte. Meine Antwort war meistens ein verdatterter Gesichtsausdruck.

In Norwegen gibt es normalerweise eine (!) Art und Weise etwas zu tun und die Mehrheit folgt diesem. Gibt es Abweichungen von der Norm, muss es dafür einen besonderen Grund geben. Norwegisch war meine dritte Sprache, die ich "gelernt" habe und das erste Mal waren im Sprachbuch die dargestellten Personen, Bräuche und Traditionen keine Klischees sondern einfach die Wahrheit.  Ostern ist gelb und wird auf der Hütte mit Skifahren verbracht, Mittagessen gibt es um 11 und Freitag ist Taco Tag (Kein Witz). Der Hase hat hier nur eine Art zu laufen.

Ähnlich verhält es sich auch in Sachen Kinderbetreuung. Die Stöpsel  starten ab dem ersten Lebensjahr in der Kita, damit beide Eltern wieder arbeiten gehen. So ist das halt. Wenn du nach dem ersten Lebensjahr mit deinem Kind noch zu Hause bist, liegt das hoffentlich daran, dass ihr keinen Kita Platz bekommen habt.

Dass beide Partner in Norwegen recht gleichgestellt sind, finde ich natürlich prinzipiell super. Es mangelt halt nur manchmal an Flexibilität. Die skandinavischen Länder werden immer wieder gelobt für ihre Kinderbetreuung, die Gleichstellung, der hohe Anteil der arbeitenden Mütter, etc. Was mit Sicherheit auch zutrifft, nur fehlt mir manchmal da der qualitative Aspekt. Dieses Land ist auf so vielen Ebenen extrem Familien freundlich, aber ein bisschen Schatten zwischen all dem Licht gibt es auch. 

Meine Stunden zu reduzieren fiel mir nämlich persönlich zunächst nicht ganz leicht aufgrund von sozialem Druck. Bin ich die einzige Mutter, die es in Norwegen nicht schafft, Vollzeit zu arbeiten? Sind die Eltern der anderen Kinder in der Kita Superhelden oder ich einfach nicht fähig?
​Nach und nach kehrte sich die Frage aber für mich um in: Wie viele Eltern arbeiten hier Vollzeit, weil es halt die Norm ist, der man gefälligst folgt? Bedeutet eine hohe Quote  arbeitender Eltern auch zufriedene Eltern? Gibt es nur schwarz und weiß - nichts dazwischen? 50 shades of grey sind wohl nur als Buch und Kinofilm ein Erfolg. 

Einige andere Volzeit arbeitende Eltern, mit denen ich über meine Teilzeit Stelle gesprochen habe, waren total begeistert. Äußerten, dass sie die Idee auch für ihre Familie gut finden würden, wenn mehr Zeit ausserhalb des Büros zur Verfügung stehen würde. Durch die Vollzeitstellen würde so viel zu Hause liegen bleiben  (wahrscheinlich war das wortwörtlich gemeint ;-)) und es wäre für den Hausfrieden mit Sicherheit auch förderlich. Ich gehe aber davon aus, dass sie ihre Stellen nicht anpassen werden. Warum: Weil so der Hase hier nicht läuft.

Apropos Hase: Nach Ostern war es Gott sei Dank vorbei mit Eis und Schnee und wir sind relativ schnell direkt in den Sommer eingestiegen. Tropenhitze hatten wir hier auch mehrere Monate lang. Und ratet mal, wer sich nicht einmal beschwert. Riiiiiichtiiiiiiig! Die deutsche Teilzeit Mutti. 34 Grad sind so viel besser als -20. Glaubt es mir.

Im Juli konnte das Wetter auch richtig genutzt werden, da im Büro tote Hose war. Die Norweger waren alle ausgeflogen. Alle? Ja so ziemlich jeder. Im Juli macht man nämlich seinen Sommerurlaub. Juli versteht sich, nicht Juni oder Gott bewahre erst im August. Warum? Na, weil man das halt einfach so macht. Ihr wisst schon, der Hase und so.  
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Bild: Emiliano Vittoriosi
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    "Es ist nicht unbedingt schlecht, wenn dein Leben auf dem Kopf steht. Das ist wie bei Shampoo Flaschen: Manchmal kommt dann einfach mehr heraus!" Dies habe ich wörtlich genommen und mein bisheriges Leben einfach einmal umgedreht.
    Gemeinsam mit meinem Freund geht es von Hamburg noch weiter in den Norden und zwar nach Oslo. Wie es uns hierbei ergeht, werde ich auf diesen Seiten erzählen.

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