On my way from the North of Germany to the North of Europe
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Small things matter...

1/9/2019

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Wir sind nun bereits seit mehr als zwei Wochen wieder zurueck in Deutschland. Back for good quasi. Hier im Blog war es lange lange lange sehr ruhig. Bevor ich das Kapitel Norwegen aber schließe bzw. schließen kann, schulde ich mir, dem Blog und euch einen letzten Post. Mein persönliches Fazit der letzten vier Jahre. 

Erwartungen hatte ich eigentlich wenige bevor wir umgezogen sind. Wir sind nach Norwegen gegangen, da mein Mann – damals noch Freund – ein Jobangebot bekommen hat. Nicht weil wir die Nase voll hatten von Deutschland oder Norwegen immer unser großer Traum war. Ich war bereit für etwas anderes, etwas neues. Und das gab es und zwar dicke.  

In ein Land zu ziehen, wo ich die Sprache nicht spreche, hat mir damals schon ein mulmiges Gefuehl gegeben und war über die ganze Zeit ein begleitendes Thema. Dennoch kann ich es jedem eigentlich nur empfehlen. Mitunter war ich recht oft der Ochs vorm Berg, was meinen Horizont aber enorm erweitert hat. Sicheres Auftreten bei völliger Ahnungslosigkeit war immer wieder mein Motto.  Gefühlt bin ich an vielen Stellen über mich hinausgewachsen, weil es anders einfach gar nicht ging.

Lost in translation? Wenns doch nur allein die Sprache wäre. Nein, hinzu kommen noch andere Bräuche, Traditionen, Kulturen. In meinem Gepäck zurück war definitiv ein größerer Anteil Toleranz als bei der Hinreise.  

Apropos Hinreise! Vor unserem Umzug bekam ich ja immer wieder die glorreichen Tipps, dass Norwegen doch kalt, dunkel und teuer sei. Stimmt das wirklich – jedenfalls im Vergleich zu Hamburg? 

Bis auf Windeln sind die meisten Produkte wirklich enorm teuer, insbesondere für Ausländer. Wieso gerade für Ausländer? Okay, liebe Norweger, falls ihr das jetzt lest, sorry. Aber für Ausländer ist das Leben oft etwas teurer, da sie mit anderen Lebensmitteln groß geworden sind. Noch einmal sorry, aber die Norwegische Küche hat wirklich nicht viel zu bieten. #sorrybutnotsorry 

Vorteil: Wenn man mit ihr groß wird, ist man nicht nur daran gewöhnt sondern verbindet auch Kindheitserinnerungen mit ihr. So bekommt man das “Traditionsessen” besser runter. Glaubt mir, das hilft wirklich, wenn man sich Mittags den “Schinkenkaese” aus der Tube aufs Brot schmiert (Gibt es natürlich auch in der Geschmacksrichtung Shrimp). Oder Weihnachten den in Säure eingelegten Fisch reinzieht. 
Möchte man anderen Käse auf dem Brot vorfinden, darf man recht tief in die Tasche greifen. Unser letztes Stück Gouda kostete schlappe 20 Euro und ich wuenschte es waren 2 kg.  


Und eine wichtige Anmerkung hier: NEIN!!! Man verdient nicht immer mehr in Norwegen. Das gilt u.a. für handwerkliche Berufe aber nicht unbedingt für Bürojobs mit Berufserfahrung. Wir haben beide nicht wirklich mehr verdient und das lag nicht an schlechten Verhandlungen.  Der 20 Euro Gouda tat mir also ebenfalls weh.
Bild
Hmmm..... Schinkenkäse.... lecker!
Dennoch muss ich sagen, dass ich am Ende des Monats ähnlich viel Geld übrig hatte wie in Hamburg. Das liegt aber auch daran, dass man sich etwas mehr einschränkt und Käufe mehr überlegt und ein wenig seltener ausgeht. Am Ende halt Gouda nur jeden zweiten Monat.

Kommen wir zu kalt und dunkel. Ja, die Sonne geht im Winter früher unter und auch später auf. Das mit der Kälte stimmt auch. Ich hatte die gro
ße Ehre, den härtesten Winter in Oslo seit 20 Jahren zu erleben. Fluchend schob ich den Kinderwagen von Dezember bis Ende März durch tiefen Schnee.  


Mein persönlicher Fehler war definitiv, dass ich kein Freund von Wintersport war und bin. Der Winter lebt sich auf jeden Fall einfacher, wenn man seine Zeit auf Skiern verbringen kann. Das Argument mit der Kälte und der Dunkelheit, lasse ich deswegen nur halb durchgehen. Ein Wintersportfan kann auf jeden Fall auf seine Kosten kommen und den Winter trotz Dunkelheit mögen. 

Dennoch waren die Wintermonate für mich die härtesten. Aber nicht unbedingt, da die Sonne anscheinend im Urlaub war und Frau Holle Überstunden machte. Schwierig wurde für mich diese Zeit, da die Mentalität der Menschen in Verbindung mit der dunklen Kälte anstrengender war. 

Norweger sind in sich gekehrt. Interaktion mit anderen passiert nur, wenn wirklich nötig. Versteht mich nicht falsch, die Norweger sind unglaublich freundlich, wenn man sie anspricht und Hilfe braucht. Aber in zwei Wochen Hamburg hatten wir soweit mehr Smalltalk mit Fremden im Park oder Supermarkt als in 4 Jahren Norwegen. 

Peinlich berührt war ich meist bei der Fahrt im Fahrstuhl. Kein Hallo, nur Schweigen und auf den Boden starren.  

Mein “schönstes” Erlebnis hatte ich auf einer Geburtstagsfeier, wo ich in der Küche das Buffet lobte, um ein wenig das Schweigen zu brechen. Wie naiv von mir.  Der Norweger neben mir wurde so nervös, dass ich mich gefragt habe, ob er wohl lieber aus dem Fenster gesprungen wäre als mir etwas zu entgegnen.   

Die französische Aurelie fragte sich im Song von Wir sind Helden, wie die Deutschen flirten, denn keiner scheint sich für sie zu interessieren. “Du musst wissen, hier ist weniger oft mehr… die Deutschen flirten sehr subtil” war die Antwort an sie. 
Ein Rat von mir: Ach Aurelie, zieh besser nie nach Norwegen, wenn du die Deutschen schon als zu zurückhaltend empfindest. ​
Dieses nicht interagieren ist für die Norweger eine Form der Höflichkeit, weswegen man dieses Thema auch nicht wirklich großartig diskutieren kann. Sie sehen es ein, aber sie sind halt wie sie sind. Du kannst ja schlecht gegen die Höflichkeit argumentieren.

Ich hatte immer wieder die Unterhaltung mit Familie und Freunden was Integration ist und dass wir von au
ßen betrachtet integriert sind. Wir arbeiten beide in norwegischen Firmen, haben ein Wohnung im Herzen Oslo, unser Sohn geht in einen norwegischen Kindergarten. 

Dennoch hätte ich uns nie als integriert bezeichnet. Die einzigen Norweger in unserem Freundeskreis waren in Beziehungen mit anderen “Ausländern” wodurch der Kontakt entstanden war. Außerdem  konnte man sie an einer Hand abzählen. Ich hatte mich die ersten zwei Jahre wirklich bemüht, aber es ist immer im Sande verlaufen. Irgendwann habe ich offiziell aufgegeben, norwegische Freunde zu haben oder zu suchen. Nur um Missverständnisse zu vermeiden: Wir waren in dem Sinne nicht einsam und haben wirklich mega tolle Freundschaften geknüpft. Halt nur nicht mit Norwegern. 

Aber diese Mischung aus Zurückhaltung mit dunklen Wintermonaten hat es f
ür mich noch ein paar Grad kälter gemacht. Im Büro hatte ich so viele kleine Erlebnisse, wo ich mir immer wieder selber sagen musste, dass das nichts mit meiner Person zu tun hat, sondern dass es einfach die Mentalität der Norweger ist.   

Richtig an sie rangekommen bin ich nie. Gefühlt war immer noch etwas zwischen einem, was irgendwie nicht überwunden werden konnte. So habe ich in Deutschland auch viele private Kontakte durch den Job geknüpft. In Norwegen? Pustekuchen.

Glücklicherweise gehört zu dieser Mentalität aber auch, dass Norweger alles sehr relaxt sehen. Im Büro teilweise auch als purer Faulheit - muss man sagen. Norweger in die Verantwortung zu ziehen, fühlt sich oft an wie Fische mit der bloßen Hand zu fangen. Schwups, glitschten sie einem aus den Händen.  

Dennoch, “warum kompliziert, wenn's auch einfach geht?!” Das ist definitiv eine Norwegische Herangehensweisen. Gepaart mit einer seeeeehr großen Konfliktscheu, sind die Norweger wirklich tiefenentspannt. Eine Eigenschaft, die gerne auch außerhalb Norwegens gepflegt werden dürfte.  

Aber natürlich gibt es für jede Regel auch eine Ausnahme. Der Norweger ist so gar nicht entspannt, wenn es um den Verkauf von Wohnungen oder Häusern geht. Hier haben sie es geschafft, einen ganzen Industriezweig aufzubauen und viele neue Jobs zu etablieren. Ich glaube, kein anderes Land hat so viele Stylisten und Fotografen. 

Bevor es für uns zur
ück ging nach Hamburg, mussten wir selbst noch für unsere Wohnung einen neuen Besitzer finden. Das bedeutet, du musst halb ausziehen. Keine persönlichen Gegenstände dürfen in der Wohnung bleiben. Ein Stylist hilft dir die Wohnung in einen Zustand zu bringen, wie sie nie vorher war und wenn man wirklich lebt auch nie sein kann. 

Das Ziel ist Hotel Feeling zu erzeugen. Ungelogen, das war der O-Ton, den ich zu hören bekam, als man mir sagte, wie viele Deko Kissen ich besorgen soll.  Lasst euch gesagt sein, auf dem Bett zu schlafen oder dem Sofa zu sitzen war nachher nicht mehr möglich. Die Prinzessin auf der Erbse hätte definitiv keine Erbse unter den Kissen mehr sp
üren koennen. 

Der Wohnungsmarkt ist mega schnell in Norwegen und länger als 2-3 Wochen sollte eine Immobilie nicht auf dem Markt sein. Dann ist wahrscheinlich etwas faul mit ihr.

Unser eigener Verkauf hat mir definitiv noch ein paar graue Haare in den letzten Zügen in Oslo beschert. Nach einem Tages- und Nacht-Fotoshooting mit dem Fotografen und der Hilfe eines Stylisten, haben wir dann endlich ein Gebot erhalten, was wir annehmen wollten und haben nun Fotos unserer Wohnung, die man auch in der Vogue nutzen könnte - wer will das nicht?
Bild
Unser Wohnzimmer - wie es nie aussah!
In Norwegen haben mich viele gefragt, warum wir wieder zurückziehen, insbesondere Norweger, was ich manchmal recht amüsant fand. Warum zieht man als Deutscher wieder nach Deutschland? 

Auf die Frage hatte ich meist nicht eine Antwort sondern viele kleine. Zunächst war nie angedacht, dass wir für immer gehen. Zwei Jahre waren geplant, vier sind es geworden. Und ganz ehrlich, eigentlich finde ich reicht das als Antwort. 

Will man mehr, kann ich das bieten:
Mein Sohn hat mit 2 Jahren bereits in 50 Flugzeugen gesessen. Der Preis bei internationalen Beziehungen. Man reist ständig, was auf Instagram vielleicht nett aussieht, mich aber ziemlich müde gemacht hat. Wieder zurückzuziehen, minimiert unsere Reisen immens.

Wir hatten keine familiäre Unterstützung vor Ort, was wir besonders zu spüren bekommen haben nach der Geburt des kleinen  König von Norwegen. 

Wir hatten zwar viele Freunde, aber wie oben aufgeführt, fühlten wir uns nicht richtig integriert. In anderen Worten, man war der Au
ßenseiter. Das Argument habe ich meist bei Norwegern nicht aufgeführt. Ich muss hier ja niemanden provozieren. Andere Ausländer hingegen unterbrachen mich oft mitten im Satz mit Zustimmung, dass es ein schwieriges Land sei, um richtig anzukommen und ein Heimatgef
ühl zu entwickeln. 

​Alle oben aufgeführten Punkte sind mit Sicherheit wahr und haben unsere Entscheidung beeinflusst. Aber alles in allem waren einfach die vielen kleinen Dingen ausschlaggebend, dass wir uns wieder entschieden haben zurückzuziehen.  

Small things matter! Die kleinen Dingen haben meinen Leben in Oslo häufig stark beeinflusst, sei es in positiver oder negativer Richtung. Ein freundliches Wort, ein Lächeln, eine helfende Hand konnten einen normalen Tag in einen sehr guten Tag verwandeln. Das wurde mir gerade bewusst durch den Mangel an Familie und Freunden am Anfang. 

Natürlich wollten wir wieder näher zu Familie und Freunden ziehen. Aber ein großer Antreiber waren die vielen kleine Dinge, die man vermisst, wenn man sie nicht mehr hat. Denn so sagte schon van Gogh:

     "Große Dinge entstehen durch eine Reihe kleiner Dinge, die zusammen kommen."

Also, haltet Ausschau nach den kleinen Dingen. Es sind meist die wahren Gluecklich-Macher!

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    "Es ist nicht unbedingt schlecht, wenn dein Leben auf dem Kopf steht. Das ist wie bei Shampoo Flaschen: Manchmal kommt dann einfach mehr heraus!" Dies habe ich wörtlich genommen und mein bisheriges Leben einfach einmal umgedreht.
    Gemeinsam mit meinem Freund geht es von Hamburg noch weiter in den Norden und zwar nach Oslo. Wie es uns hierbei ergeht, werde ich auf diesen Seiten erzählen.

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