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Duty Freetchen und die 30 Zwerge

18/11/2015

5 Kommentare

 
Mit dem ersten Schnee kam bei mir auch die erste Erkältung, die mich kurzzeitig außer Gefecht gesetzt hat. Dank starker Halsschmerzen ist Reden nicht gerade meine Lieblingsbeschäftigung und so nutze ich die erzwungene Stille, um den nächsten Happen zuzubereiten.

Noch immer geht es um die norwegische Arbeitswelt und wie sich das German Slowmotion Girl darin schlägt. Ganz so slowmotion bin ich nicht mehr. Ich merke, wie die Sätze langsam doch schneller über die Lippen kommen. Dennoch ist es noch immer ein etwas mühsamer Weg. Ich soll im Januar für den Blog meiner Firma einen Post schreiben zum Thema „Arbeiten in Norwegen“. Ich habe mich bisher nicht getraut zu fragen, ob ich auch auf Englisch schreiben kann (ich denke Mal auf Deutsch steht außer Frage).

Wenn nicht, sollte ich zeitnah anfangen, damit der Post im Februar auch veröffentlicht werden kann. Bei meiner Kollegin aka Norwegischlehrerin habe ich bereits darüber gestöhnt, dass ich nicht auf Norwegisch schreiben will. Da würde ich ja jeglicher Witz und Humor verloren gehen. Sie empfand das nicht so. Ich sei angeblich auch auf Norwegisch sehr witzig – halt nur nicht gewollt.

Aber zurück zum Thema Arbeiten in Norwegen. Ich gewöhne mich langsam aber sicher an die Arbeitszeiten. Um 8 geht’s los und um 16 Uhr geht’s nach Haus. Spätestens als ich einmal bis 17.30 arbeiten musste und mich deswegen am Abend bei meinem Freund beschwerte, merkte ich: Okay, rein arbeitszeitentechnisch bin ich angekommen. Wenn ich nun abends gegen 18 Uhr nach Hause komme, habe bereits meine Trainingsstunde im Fitness oder Yoga Studio hinter mir.

Ich gewöhne mich ebenfalls auch langsam dran, dass ab 15.30 Uhr eigentlich kaum noch Emails eintreffen. Nur zwischen 19.30 Uhr und 20.30 Uhr kommen noch kleckerweise Emails rein. Die sind meist von Kolleginnen mit Kindern, die oft bereits vor 16 Uhr gehen und die verpasste Zeit noch schnell zu Hause nach holen, wenn die Kinder im Bett sind. Da sind sich die Norweger übrigens einig: 19 Uhr ist angeblich die offizielle und natürlich die beste Uhrzeit, um die Kinder in die Falle zu bringen.

Das Vorurteil, dass es den Frauen in Skandinavien besser ermöglich wird, Kinder und Karriere unter einen Hut zu bekommen, kann ich soweit nur bestätigen. Homeoffice und flexiblere Arbeitszeiten sind hier einfach gängiger. Außerdem nehmen immer mehr Väter einen großen Anteil der Elternzeit. So sind Frauen zwischen 25 und 35 nicht mehr unbedingt das einzige Übel, das für ein Jahr vom Arbeitsmarkt verschwindet. Sondern auch von den Männern geht die potenzielle „Gefahr“ aus. Interessant ist in dem Zusammenhang übrigens auch, das Verhalten beim Spazierengehen einmal zu beobachten. Hier in Oslo sehe ich immer wieder, dass der Göttergatte den Kinderwagen schiebt und nicht die (weibliche) bessere Hälfte. Also beim nächsten Norwegenurlaub mal drauf achten.

Als kleiner Insider Tipp für den nächsten Norwegenurlaub oder falls ihr mal einen Norweger im Urlaub trefft. Fragt ihn mal, wie das mit dem bezahlten Urlaub in seiner Heimat funktioniert. Aber bitte nicht so grob und oberflächlich erklären lassen. Sondern seid dann bitte mal typisch deutsch und lasst es euch ganz genau erklären.

Grundsätzlich ist es nämlich so, dass ich nicht unbedingt behaupten würde, es gibt  bezahlten Urlaub in Norwegen. Jedenfalls  nicht wie man es aus Deutschland gewohnt ist. Das Prinzip funktioniert hier etwas anders. Im ersten Berufsjahr hat man Anspruch auf 25 Tage Urlaub – aber unbezahlt. Während dieses ersten Jahres wird immer ein Teil deines Gehaltes quasi einbehalten und im zweiten Berufsjahr bekommt man diesen Teil dann ausgezahlt, wenn man Urlaub nimmt. Das schimpft sich dann „Feriepenger“ (Urlaubsgeld). Man muss sich den bezahlten Urlaub also erst einmal ansparen. Von daher weiß ich nicht, ob ich den Begriff bezahlten Urlaub komplett durchgehen lassen würde, auch wenn die Norweger es so nennen. Ich finanziere mir das ja irgendwie selber, in dem ich ein Jahr lang leer ausgehe.

Wenn man bereits sechs Jahre gearbeitet hat, fühlt man sich natürlich bei einem solchen System zunächst leicht veräppelt. Interessant wird es aber dann, wenn du Norweger wirklich mal im Detail fragst, wie das System genau funktioniert, hinsichtlich der genauen Berechnung des Urlaubsgeldes, der gezahlten Steuer in den anderen Monaten und wie es sich bei einem Arbeitgeberwechsel verhält. Hallo? Häh??? Ich bin Deutsche und an ein „extrem einfaches“ Steuersystem gewöhnt. Also kommt mir jetzt nicht mit so oberflächlichen Erklärungen. Ich möchte es ganz genau wissen.

Ich habe damit bereits so viele Leute genervt und so einige gemeinsame Stunden „erheitert“. Von meinem Freund habe ich ein Verbot bekommen, dass ich das Thema nicht mehr ansprechen soll. Wer, wie, was? Wieso, weshalb, warum? Wer nicht fragt, bleibt dumm! Wie soll ich es denn sonst verstehen? Bisher habe ich noch keine (norwegische) Person gefunden, die es mir wirklich komplett erklären kann. Ob deren Lebenspartner ihnen wohl auch verboten hat, weiter nachzufragen? Anscheinend begnügen sich die meisten hier mit der groben Erklärung und wenige fragen im Detail nach. Aber als German Slowmotion Girl möchte ich doch jedes Haar einzeln spalten und wissen, wie sich mein Gehalt genau zusammensetzt.

Alles was ich über das Thema Urlaubsgeld und die Besteuerung allgemein weiß, ist Patchworkwissen: Von allen Seiten zusammengesammelt. Bei meiner Vertragsunterzeichnung wurde mir das System nur ganz knapp erklärt und dann auf dieses moderne Internetz verwiesen. Da sei das super erklärt. Ikke sant? Ikke sant!!!

Eine Sache hinsichtlich Urlaub ist aber allen bekannt. Drei Wochen Urlaub in den Sommermonaten ist per Gesetz festgelegt. Heißt nicht, dass du das machen musst. Aber dein Arbeitgeber muss es dir ermöglichen, dass du in den Sommermonaten drei Wochen Urlaub machen kannst. Für mich ist dies nicht 100%ig logisch. Hinsichtlich der Sonnenstunden, wäre es für mich einleuchtender im Winter drei Wochen in Richtung Süden zu flüchten. Da der Norweger aber quasi mit Langlaufskiern geboren wurde, erscheint es mir, als sei der Winter hier beliebter als der Sommer. Aber das ist ein anderes Thema, worüber ich später noch schreiben werde.

In den Sommermonaten kommt Norwegen deswegen oft Italien nahe. Alle sind ausgeflogen und alles läuft etwas langsamer. Viele fahren in dieser Zeit auf ihre Hütte. Ein weiteres Accessoire neben den Langlaufskiern, mit dem fast jeder Norweger geboren wird. Der Besitz einer Hütte in den Bergen oder am Meer (oder beides) ist relativ normal. Die Art der Hütte ist hier aber sehr unterschiedlich. So gibt es Hütten mit Plumpsklo (Utedo) im Garten, aber natürlich auch recht luxuriöse Hütten, wo ich es definitiv auch drei Wochen aushalten würde. Das Ganze ist ein so wichtiges Thema hier, dass es im Printmarkt sogar durch verschiedene Titel bedient wird. Mit großen Augen habe ich die Ausgaben bestaunt, bei meinem letzten Termin mit einem großen Verlagshaus.


Bild
Wo wir aber gerade über das Thema Urlaubsgeld und Steuern gesprochen haben. Grundsätzlich pflegt man in Norwegen das System, dass alle gleich sind – außer beim Sport, dort geht’s nur ums besser sein. Und wenn alle gleichgestellt sind, geht man auch offen mit Themen wie dem Einkommen um. So ist es für jeden auch ersichtlich, wie viele Steuern der Nachbar, der Chef oder der Kollege zahlt. Bis vor kurzem war das System noch so offen, dass du jede Person einfach nachschauen konntest. Die Liste wurde sogar in den Medien veröffentlicht.

Das System wurde vor kurzem leicht geändert. So ist es immer noch möglich, dass du Einblick erhältst, aber nun wird die Person darüber informiert. So ein bisschen à la Xing oder LinkedIn. Es ist ersichtlich, wenn du auf dem „Profil“ einer anderen Person warst. Ich hab es bisher nicht ausprobiert. Aber vielleicht kann man für mich noch einen „deutscher-Klugscheißer-Button einfügen mit Detailinformation, wie sich die Besteuerung genau zusammensetzt und wie hoch das Feriepenger war. Vielleicht verstehe ich dann endlich, wie der Hase läuft.

An das Thema „alles ist offen“ muss ich mich aber immer noch gewöhnen. Insbesondere da ich Selbstständig gemeldet bin, um weiter Yoga unterrichten zu können. Mir war damals aber nicht bewusst, dass die Meldung zur Selbstständigkeit in Norwegen bedeutet, Online quasi die Hosen runterzulassen, bzw. als Yogalehrerin die Leggings. Meine Kontaktdaten sind komplett online zugänglich und ich bekomme wöchentlich Emails von Menschen, die meinen Interauftritt verbessern wollen (Häh? Hallo? Was gibt es da zu verbessern. Ich hab mir da echt Mühe gegeben) oder meine Buchhaltung übernehmen möchte (Häh? Hallo? Das ist nebenberuflich und wahrscheinlich weniger als deine Gebühr). Gerade als Deutscher läuft einem da teilweise ein kalter Schauer über den Rücken hinsichtlich Datenschutz.

Applaus und Bewunderung gibt es aber von mir – als Deutsche – für die Organisation im Duty Free im Osloer Flughafen. Da schlägt das deutsche Organisations-liebende Herzchen höher. Der Andrang ist – dank sehr hoher Steuern auf Alkohol  in Norwegen – enorm groß und es gehört zur normalen Routine, dass man sich bei der Ankunft noch schnell mit Alkohol am Flughafen eindeckt. So sind am Gepäckband die meisten Leute bestückt mit ein bis zwei türkisfarbenen Dutyfree Tüten. Interessant wird es aber beim Kassensystem. Da der Andrang so hoch ist und die Schlange sehr schnell sehr voll wird, warten – ungelogen – 30 Mitarbeiter hinter Kassensystemen auf die Meute. Alle reihen sich fein säuberlich ein und warten geduldig, dass sie dran kommen.

Bei 30 Kassen funktioniert das auch recht fix. Ein weiterer Mitarbeiter hilft einem dann noch kurz vorm finalen Moment und zeigt einem auf, welche Kasse gerade frei geworden ist. Da kann ich wirklich nur neidvoll zugeben, dass das eins a organisiert ist und still und leise vor Kasse 27 Applaus geben, während ich die zufriedenen Gesichter der Norweger beobachte, die freudestrahlend „günstig“ Alkohol kaufen. Ähnliche Gesichter sieht man in Deutschland wohl nur bei 16 Jährigen, die das erste Mal legal Bier erwerben können und endlich nicht mehr an der Kasse ins Schwitzen kommen.

Auch ich habe einen zufriedenen Gesichtsausdruck beim Rausgehen aus dem  Duty Free Shop. Was aber keiner weiß, ist der Grund hierfür nicht das Bier in der türkisfarbenen Tüte meines Freundes sondern die Vorfreude auf meinen Koffer. Dieser warte auf mich auf dem Gepäckband. Mit drei Kilo ist er nach Deutschland gereist und mit 23 Kilo zurückgekommen. Und drei Mal dürft ihr raten, was da drin ist!

Dute Free Oslo Airport
Duty Freetchen und die 30 Zwerge... äh... Kassen!
5 Kommentare
Torben
24/11/2015 09:32:51

"Ich sei angeblich auch auf Norwegisch sehr witzig – halt nur nicht gewollt." - Find ich witzig :)

Ich mag es, wenn jemand eine Fremdsprache spricht aber man hört, dass er kein Native Speaker ist!

Schweden und Norweger, die mit ihrer so typischen Satzmelodie deutsch reden, finde ich großartig.

Leider sagte man mir, dass ich mich, wenn ich versuche schwedisch zu reden, "sch..." anhöre :)

Antwort
ON MY norWAY
24/11/2015 16:45:47

Haha :-) sehe ich auch so...Also dass ein Akzent süß ist...Nicht wie dein schwedisch klingt :-)
Das hat Charme und Charakter...Dein schwedisch aber bestimmt auch.
Finds immer noch zum schießen, dass du schwedisch gelernt hast :)

Übrigens...Der nächste Post ist in der mache und das Thema Sprache kommt noch mal wieder. Das hat einfach zu viel Potential...bzw. ich zu wenig für norwegisch :-D

Antwort
Torben
25/11/2015 15:44:55

Ich bin gespannt!

Und gerade erst wieder gehört: Für die Kollegen aus Frankfurt spreche ich deutsch schon mit Akzent ... Norddeutsch :)

Heike
26/11/2015 16:02:11

KÄÄÄÄÄSSSSEEEE! :-)

Antwort
ON MY norWAY
26/11/2015 21:49:48

Hihi...Nicht nur... Aber ein Teil. Insbesondere Raclette Käse. Deutschland 2,20 Euro...Norwegen umgerechnet 14 Euro :-D

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    "Es ist nicht unbedingt schlecht, wenn dein Leben auf dem Kopf steht. Das ist wie bei Shampoo Flaschen: Manchmal kommt dann einfach mehr heraus!" Dies habe ich wörtlich genommen und mein bisheriges Leben einfach einmal umgedreht.
    Gemeinsam mit meinem Freund geht es von Hamburg noch weiter in den Norden und zwar nach Oslo. Wie es uns hierbei ergeht, werde ich auf diesen Seiten erzählen.

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