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Winter is coming! Zeit die Schäfchen zu zählen!

1/11/2016

3 Kommentare

 
Jetzt ist bereits ein wenig Zeit vergangen seit dem letzten Post und der Bauch ist kugelrund. Dieses «Schwanger sein» habe ich mir aber doch irgendwie einfacher vorgestellt. Aber gerade die ersten vier bis fünf Monate waren auf gut Deutsch zum Kotzen. Entschuldigt, aber der Ausdruck beschreibt es treffend.

So
blieb On My NorWay die letzten Wochen ein wenig auf der Strecke – zusammen mit ein paar anderen Dingen. 

Aber ich bin um so manche Erfahrung reicher. Mit dickem Bauch lernt man das Land noch einmal ganz anders kennen.  

Aber fangen wir vielleicht einmal vorne an. Ganz am Anfang stand bei mir, da es mir nicht gut ging, meinen Vorgesetzten zu informieren, warum ich erneut Home-Office bevorzuge. Die Reaktion von ihm und dann ein paar Wochen später auch von meinen Kollegen waren durchweg positiv. Kein komischer Blick, kein doofer Kommentar, dass ich absehbarer Zukunft ja ausfallen würde. Die ganze Sache wurde sehr entspannt gesehen und alle freuten sich mit mir.  

Allgemein muss man sagen, dass sich durch die Schwangerschaft ein paar neue Türen geöffnet haben. Plötzlich gibt es etwas, das quasi keine Nationalität kennt. Da gefühlt hier jeder ein Kind hat (neben der Eigentumswohnung, aber das ist ein anderes Thema), gibt es plötzlich eine Sache, die mögliche kulturelle Grenzen überwindet und für genug Gesprächsstoff sorgt.  

Und auch die scheuen Norweger, die gerne immer einen Sitzplatz zwischen ihnen und dir im Bus freilassen oder sich zu Tode anschweigen im Fahrstuhl, strecken doch hin und wieder die Hand aus und streichen über deine Kugel. Was ich – egal welche Nationalität man hat – immer noch befremdlich befinde.  

Ähnlich befremdlich war für mich auch das Gesundheitssystem, wenn es um das Thema Schwangerschaft geht.  

Wie im letzten Post bereits gesagt, fällt die Eigenbeteiligung beim Arzt weg, wenn du in anderen Umständen bist. Soweit so gut...! So richtig häufig sieht man den Arzt aber irgendwie nicht und das System zu durchschauen, hat mich ein wenig Zeit gekostet. 

Die Vorsorgeuntersuchungen (die weitaus "basischer" bzw. “natürlicher” sind als in Deutschland) werden von deiner Hebamme und deinem Hausarzt gemacht. "Deine" Hebamme ist vielleicht etwas übertrieben. Die kannst du dir leider nicht wirklich selber aussuchen, sie kommt nicht zu dir nach Hause und ist schon gar nicht bei der Geburt dabei.   

Jeder Stadtteil hat eine «Gesundheitsstation» (wenn man das mal wörtlich übersetzt), wo einem eine Hebamme zugeteilt wird. In gewissen Wochen macht sie die Untersuchung, in anderen Wochen deine Hausarzt. Persönlich fand ich das nicht ideal, da recht wenig Austausch zwischen den beiden Parteien stattfindet. Vieles muss man doppelt erklären und oft fand ich die Verantwortung auf mich übertragen. Und ich hab in meinem Medizinstudium doch einfach nicht so richtig aufgepasst.  

Unser erster Besuch bei der Hebamme war ein bisschen ein Griff ins Klo. Die eigentliche Hebamme war krank und ihre Vertretung sprach nur sehr wenig Englisch. Der Termin bestand also aus einem Mix aus Englisch und Norwegisch und ganz viel Schweigen.  Und ich kann nicht bestätigen, dass Schweigen Gold ist.
 
Mein Highlight war, als eine Antwort auf Norwegisch von uns wirklich nicht verstanden wurde und auf Englisch zu kompliziert für sie war, dass ich die Thematik mal googlen sollte. Så hyggelig, ikke sant? 

Ein wenig ähnlich war es bei der Ultraschalluntersuchung. In Norwegen bekommt man genau eine. In der 18. Schwangerschaftswoche geht man ins Krankenhaus, in dem man auch entbinden möchte, und die Gesundheit (und Geschlecht wenn gewünscht) wird einmal gecheckt. Ultraschall-Untersuchungen früher kannst du machen… und privat bezahlen. Grundsätzlich werden alle Maßnahmen, die von der Allgemeinheit bezahlt werden, wirklich auf das Minimum reduziert.  

Da wir aber schon gerne vorher einmal schauen wollten, ob alles ok ist, sind wir bereits vorab in eine Privatklinik gegangen und haben den Ultraschall aus eigener Tasche bezahlt.  

Die Ärztin dort kam aus dem Osten Europas, was meist bedeutet, dass ihr Norwegisch sehr gut ist, ihr Englisch aber leider nicht. Im Vergleich zur Hebamme haben wir uns hier aber wirklich wacker geschlagen. Von Vorteil ist dann aber auch, dass die Gliedmaßen im norwegischen sehr ähnlich zu den deutschen Bezeichnungen sind und das Gespräch – da Baby gesund – nun nicht sehr medizinisch war.  

Beim “kostenlosen” Ultraschall hatten wir aber Glück, dass die Ärztin Englisch sprach. Aber ansonsten fand ich das ganze Prozedere relativ unspektakulär. Wir wurden nach dem Ultraschall gefragt, ob wir noch irgendwas wissen wollen. Schweigend saßen wir da.  

Wir kannten die Ärztin nicht. Alle Informationen über mich hatte sie aus meinem Mutterpass (in Norwegen eine wenig aufregende DIN A4 Seite aus sehr dünnem Pauspapier, was du zu jedem Termin mitschleppst – das Wort Pass ist eher fehl am Platz hier). Absprachen zwischen ihr, meiner Hebamme oder dem Hausarzt gibt es ansonsten nicht. 

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Der norwegische "Mutterpass"
Zusammengefasst: Die Person mir gegenüber kannte mich kaum und ich sie gar nicht - und ich werde sie sehr wahrscheinlich auch nie wiedersehen. 

Da dies mein erstes Kind ist und dann auch noch in einem fremden Land, weiss ich nicht so richtig, was ich erwarten soll. Ergo: Ich wusste nicht, was ich fragen sollte. Ich habe auch keine Fragen zur Relativitätstheorie, da ich da ähnlich wenig Erfahrung habe.  

Meine bessere, englische Hälfte brachte noch eine recht pragmatische Männerfrage hervor. Wo man denn am besten parken könnte. Leise kicherte ich in mich hinein.  Wobei die Antwort doch recht hilfreich war für den “Ernstfall”.  

Apropos Thema “Ernstfall”. Das Thema Nachname ist auch interessant. Hier gelten sowohl deutsches als englisches Recht für uns, was natürlich nicht konform ist.
Und jetzt ratet mal, welches strenger ist. Die Engländer erlauben dir sogar den Nachnamen komplett frei zu wählen.
Ich frage mich, ob der deutsche Staat «König von Norwegen» durchgehen lassen würde.
[Anmerkung: die Norwegische Staatsbürgerschaft wird der kleine König nicht haben. Eine Geburt in Norwegen reicht dafür nicht.]
 

Hier gibt es aber auch wieder einige Tücken, die man gerade als unverheiratetes Paar berücksichtigen muss. Ganz viel langweilige deutsche bzw. bi-nationale Bürokratie. Aber im worst case ist dein Kind in Deutschland vaterlos gemeldet, da du es einfach nicht besser wusstet. Wo wir wieder beim Thema sind: Welche Fragen soll ich stellen, wenn ich nicht weiss, was mich erwartet.  

Medizinische Fragen googlen, beim Ultraschall auch mit Händen und Füssen sprechen, das sind Wochen später Schenkelklopfer. Aber ich muss zugeben, es zerrt schon oft an einem.  

Wie oft höre ich, dass wir ja Glück haben, dass in Norwegen der Standard hinsichtlich der Englischen Sprache so hoch ist. Aber es stimmt leider nicht immer und irgendwie ziehe ich die Ausnahmen auch magisch an.

Gerade bei der Gesundheitsvorsorge komme ich mir oft vor wie der Patient 2. Klasse. Auch wenn dein Gegenüber Englisch spricht, eine persönliche Bindung entwickelt sich einfach viel schwerer und mehr als Standard bekommt man somit irgendwie nicht.  

Das gepaart mit einer emotionalen Schwangeren, die quasi von «nah am Wasser» direkt «ins Wasser» umgezogen ist, war nicht immer eine gute Kombi.  

Aber man lernt sich auch hier zu behelfen und die beste Entdeckung des Jahres war für mich die Facebook Gruppe der internationalen Mütter in Oslo.  


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Eine Ort, wo es gemeine Facebook Kommentare nicht gibt und jede Frage in irgendeiner Art und Weise beantwortet wird. Die internationalen Mutties helfen sich gegenseitig mit ihren eigenen Erfahrungen, tauschen Tipps aus und es ist auch ein reger Marktplatz hinsichtlich gebrauchter TrippTrapp Stühle und Emmaljunga Kinderwagen.  

Während man in der Facebook Gruppe “Auswandern nach Norwegen” recht sicher sein kann, dass man oft mindestens eine Pöbel bzw. Klugschei*** Antwort auf seine Frage bekommt (Deutsche unter sich halt), ist die Muttergruppe der letzte friedliche Ort in den weiten des World Wide Web.  

Und nur durchs «Mitlesen» der Fragen und Antworten habe ich bereits sehr viel gelernt und wüsste beim nächsten Ultraschall mehr zu fragen. Aber es gibt ja keinen nächsten Ultraschall.  

Nur eine Sache beunruhigt mich ein wenig. Das Thema Winter und die richtige Kleidung für die Kleinen ist ein hoch frequentiertes Thema in der Gruppe. Und die Lösung für den Winter ist eines: Wolle, Wolle, Wolle! 

Wollkleidung geht weg wie geschnitten Brot und anscheinend wird kein Kind ohne Wollkomplettausstattung aus dem Haus gelassen. Ich hatte schon überlegt, ein Schaf anzuschaffen und mich mit Wollhandel selbstständig zu machen.  


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Bei so niedlichen Schafen lohnt sich die Selbstständigkeit doppelt!
Dennoch frage ich mich, ob man ohne Wollkleidung auf der Straße als schlechte Eltern ausgebuht wird? Erschwerend kommt hinzu, dass der kleine “König von Norwegen” nicht im Emmaljunga oder Bugaboo Kinderwagen geschoben wird. Oh, oh!!! Es bleibt abzuwarten.   

Nicht mehr lange und ich kann es ausprobieren. Auch meine Zeit im Büro nähert sich somit dem Ende. Mutterschutz beginnt hier 3 Wochen vor Geburtstermin und die irritierten Gesichter meiner Freunde mit Kind in Deutschland, kann ich jetzt verstehen. Die letzten Wochen sind wirklich ein wenig beschwerlich und ich sehne den Mutterschutz inklusive Couch herbei.  

Nach der Geburt warten dann 56 Wochen Elternzeit auf uns, von denen 10 Wochen vom Vater genommen werden müssen. Außerdem haben wir dann noch Anspruch auf unseren bezahlten Urlaub. Ihr erinnert euch? Den habe ich ja im Vorjahr quasi angespart.  

Dass Väter hier auch mehr Zeit nehmen als die 10 Wochen ist recht normal. Der Anblick von Papis mit Emmaljunga Kinderwagen in der Stadt oder dem Jogger Model beim Work-Out ist relativ normal. Auch schiebt hier der Mann gerne mal, wenn beide Elternteile zusammen unterwegs sind. Gleichberechtigung ist hier definitiv besser angekommen als in anderen Ländern südlicher.  

Hinsichtlich der Bezahlung ist die Elternzeit wirklich recht nett – muss man zugeben. Bei 59 Wochen (inkl. Mutterschutz) bekommst du 80% deines Gehaltes weiterhin ausbezahlt. Du kannst aber auch 49 Wochen Elternzeit nehmen und bekommst dann 100% deines Gehaltes, aber nie mehr als 6G. G steht für Grunnbeløpet und variiert jedes Jahr – je nach wirtschaftlichen Einflüssen. Dieses Jahr sind 6G 46.290 NOK pro Monat, was ungefähr 5.100 Euro entspricht. 

Das klingt im Vergleich zu Deutschland mit einer Deckelung von 1.800 Euro nach sehr viel Geld. Man sollte hier aber nicht vergessen, dass Wollkleidung teuer ist bzw. das Halten von Merinoschafen in der Stadt.                           

  Don’t forget: Winter is coming!
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3 Kommentare
Torben
1/11/2016 19:54:48

Das klingt ja für mich auch so, als ob das Gesundheitssystem in Norwegen zumindest hinsichtlich Schwangerschaft tatsächlich etwas rudimentärer ist als hier. Bei uns ist es zwar schon eine Weile her, aber es war doch etwas umfangreicher und "näher" dran am Arzt und Hebamme.

Aber ich denke, es wird trotzdem alles getan was wichtig und nötig ist.

Und Winter Kleidung aus Wolle für Kinder wird es doch wohl in Norwegen geben wie verrückt :)

Antwort
On My norWay
2/11/2016 00:07:34

Manche Dinge werden in Deutschland bestimmt auch übertrieben und sind nicht unbedingt notwendig. Aber so nen Frauenarzt, der einen die ganze Zeit begleitet und ne Hebamme, die auch nach Hause kommt.... Würde ich mir schon wünschen.

Das ganze Ding Schwangerschaft wird hier als etwas sehr natürliches gesehen. Ist ja auch keine Krankheit ;-)

Oh ja... Wolle gibt's genug. Dennoch werde ich mal testen, ob sich der Boden unter einem auftut, wenn das Kind Baumwolle und Fleeece trägt :-D

Antwort
Torben
2/11/2016 14:54:02

Ja, das war so im Nachhinein betrachtet schon nicht schlecht, dass "die" Hebamme auch mal nach Hause kam. Im zweifel ist das aber bei uns auch schon 9 bzw. 18 Jahre her. Wer weiß, wie das aktuell ist.

Ich denke, da wird aber keiner schief schauen, wenn Dein Kind im Kinderwagen nicht aussieht wie Shaun das Schaf, nur weil Du Icepeak oder eine andere Nicht- Wolle- Marke bevorzugst! :)

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